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Käse oder Schinken? Das Leben ist digital.

Airplane foodLiebe Weinfreundin, lieber Weinfreund,

können Sie sich noch an Ihren ersten Flug erinnern? Mir steht der meine noch so lebendig vor Augen, als habe er erst gestern stattgefunden. 14 Jahre war ich alt, als ich zu Sprachferien der besonderen Art zu Geschäftsfreunden meines Vaters nach England fliegen durfte. Mit Spannung saß ich damals an Bord einer „Tri-Star“ der LTU, und als der Pilot im Cockpit am Gashebel drückte, empfand ich die Wucht der Beschleunigung, die mich damals noch schmächtigen Jüngling in den Sitz presste, als schier atemberaubend. Jedes Detail dieser Reise wurde von mir mit größter Aufmerksamkeit verfolgt, und erst seit ich der Kaste der Vielflieger angehöre, weiß ich, dass ich damals wohl der Einzige war, der den Ausführungen der Stewardessen über aus der Decke herabfallende Atemmasken und unter den Sitzen montierte Schwimmwesten Aufmerksamkeit schenkte.

Heutzutage ist Fliegen für mich eine gehobenere Variante des Bahnfahrens. Und wer in der Finanzbranche arbeitet und häufig in einem Jet von Frankfurt Richtung London City Airport unterwegs ist, der sieht so viele bekannte Gesichter, dass er tatsächlich meinen könnte, in einem jener Regionalzüge zu sitzen, die allmorgendlich die Pendler aus der lieblichen Wetterau abholen und  in der kleinen Kaufmannsstadt am Main wieder ausspucken.

Der Vergleich wird auch insofern immer treffender, als die kulinarische Versorgung an Bord der großen Fluggesellschaften sich mehr und mehr der in eben jenen Regionalzügen der Deutschen Bahn angleicht. Sprich: In der Holzklasse gibt es zumeist gar nichts mehr und wer das „Glück“ hat, in der „Business Class“ fliegen zu dürfen, der sollte sein Gebiss vor Antritt des Fluges schon einmal mit einer gehörigen Portion Haftcreme am Gaumen festkleben. Denn die immer gleichen und damit auch immer gleich langweiligen Sandwiches, die dieser Tage an Bord der meisten Fluggesellschaften gereicht werden, sind bisweilen so trocken und zäh, dass Rentnern mit Zahnprothesen dringend von deren Verzehr abgeraten werden muss. Auch die Auswahl an Belag kann man nur als rudimentär bezeichnen: „Schinken oder Käse?“, heißt es da zumeist und man möchte gar nicht wissen, aus welchen Fleischresten jener „Formschinken“ zusammengepresst wurde, der einem da serviert wird. Früher – da war noch alles anders. Da wurden noch ganze Gerichte serviert. Samt kleinen Tütchen mit Salz und Pfeffer und einem Erfrischungstuch! Aber heute ist der Fluggast nur noch lästiges Beiwerk. Der Fairness halber muss man allerdings auch hinzufügen, dass die Kunden der Airlines ihren gehörigen Teil Mitschuld daran tragen, dass das Fliegen heutzutage nicht mehr den Reiz des Außergewöhnlichen hat. Denn in ihrer „Geiz ist geil“ Mentalität waren sie es doch, die die Fluggesellschaften zu immer größeren Rationalisierungsanstrengungen gezwungen haben –  Rationalisierungsanstrengen, den schließlich auch das gute Essen an Bord zum Opfer gefallen ist.

Nur eine Fluglinie hebt sich kulinarisch wohltuend vom Käse-Schinken-Brötchen Einerlei ab: LUX Air. Jene kleine, aber feine Airline aus dem benachbarten Großherzogtum serviert ihren Passagieren selbst auf den nur wenige Minuten dauernden Kurzstreckenflügen von Frankfurt nach Luxemburg kulinarische Köstlichkeiten – das Ganze auch noch auf Porzellan Geschirr und samt Stoffserviette. Und als ob das nicht schon des Guten genug wäre, überreichen einem die freundlichen Stewardessen zum Abschied auch stets noch zwei jener famosen Pralinen, die Luxemburgs Ruf als eine der kulinarischen Hauptstädte Europas zementiert haben. Herrlich! Schon so manches Mal habe ich mir gewünscht, jeden meiner zahlreichen Flüge zukünftig mit LUX Air absolvieren zu dürfen.  Aber Träume sind Schäume und so heißt es wohl weiter: Käse oder Schinken? Das Leben ist halt digital.

Mit dieser Erkenntnis grüße ich Sie herzlichst als Ihr

Engelo

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